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Schwindeldiagnostik

Schwindelbeschwerden können in jedem Lebensalter auftreten. Betroffen sind jedoch vor allem Patienten über 75 Jahren.  Der Schwindel-Patient hat sein Gleichgewicht und damit seine Stand- und Gangsicherheit verloren.

 

Entscheidend ist zuallerst eine genaue Anamnese, um festzustellen wo die Ursachen des Schwindels liegen. Hier bieten wir unseren Patienten mehrere innovative, einfache und sehr genaue Messverfahren zur Bestimmung der Ursachen und zur Behandlung des Schwindels: 

 

  • Kopf-Impuls-Test
  • Balance Plattform (Schwindel-Platte)
  • C- und O-VEMP
  • ENG

 

Kopf-Impuls-Test

 

Mit dem Kopf-Impuls-Test kann festgestellt werden, ob eine Störung des Gleichgewichtsorgans (Vestibularorgan) auf einer oder beiden Seiten vorliegt. Wie bei der Elektronystagmographie wird dabei untersucht, ob und wie der Schwindelpatient in der Lage ist, bei einer Drehung des Kopfes das Sehen durch eine Kompensation mit Augenbewegungen stabil zu halten. Diese Untersuchung erfasst jedoch die schnellen unwillkürlichen Augenbewegungen, der Sakkaden, die durch die reflektorische „Verschaltung“ von Vestibularorgan und Augenmuskeln ausgelöst werden.

Mit Hilfe einer speziellen Videobrille mit sehr hoher zeitlicher Auflösung, die zusätzlich einen Beschleunigungssensor enthält, werden die auftretenden Sakkaden aufgezeichnet, wenn der Patient ein Objekt fixiert und der Kopf schnell passiv bewegt wird. Die Bewegungen von Kopf und Augen werden elektronisch aufgezeichnet und ausgewertet.

Die Auswertung lässt nicht nur eine Aussage darüber zu, welche Seite bei einem Patienten von einer Funktionsstörung betroffen ist, sondern auch um welchen der drei senkrecht zu einander stehenden Bogengänge im Vestibularorgan es sich dabei handelt. Damit wird festgestellt, welche Bewegungsrichtung bei dem Patienten den Schwindel verursacht.

Der Kopf-Impuls-Test gehört mit der Messung der vestibulär evozierten myogenen Potentiale und der Elektronystagmographie zu den Untersuchungsmethoden, die eine genaue Bestimmung der Ursache eines Schwindels und damit eine gezielte Planung der Therapie ermöglichen.

Der Kopf-Impuls-Test ist heute die sensibelste Untersuchung zur Abklärung eines Schwindels.

 

 

Posturographie (Schwindel-Board)

 

Ein gesunder Mensch ist in der Lage, jederzeit eine aufrechte Körperhaltung einzunehmen. Diese so genannte „posturale Kontrolle“ wird durch das Zusammenspiel von drei verschiedenen Komponenten ermöglicht, die gemeinsam den Gleichgewichtssinn bilden:

  • das Gleichgewichts- oder Vestibularorgan im Innenohr, das Beschleunigungen und die Richtung der Erdanziehungskraft misst
  • das Sehen, das Informationen zur Raumlage liefert
  • die Propriorezeptoren, die Informationen zur Lage der Muskeln und Gelenke liefern

Die Informationen werden im zentralen Nervensystem verarbeitet, das Impulse an den Bewegungsapparat schickt, um die auf den Körper einwirkenden Kräfte zu kompensieren.

Beim Romberg-Test wird geprüft, ob sich beim aufrechten Stehen durch Öffnen und Schließen der Augen und Vorstrecken der Arme eine Schwank- und Fallneigung verstärkt. Daraus kann dann geschlossen werden, welche Komponente/n an der Entstehung eines Schwindels bzw. einer Fallneigung beteiligt ist/sind.

Die Posturographie ist die digitale Weiterentwicklung des Romberg-Tests. Auf einer Messplatte mit Sensoren werden die Druckverteilung auf den Füßen und die Schwingung des Körpers genau ermittelt. Dadurch ist eine viel differenziertere Analyse als beim klassischen Testverfahren möglich und die weitere Diagnose und Therapie kann besser geplant werden.

In bestimmten Fällen können auch spezielle Übungen auf der Messplatte hilfreich sein, damit der Patient wieder sicherer stehen und gehen kann. Über ein derartiges Training muss zusammen mit dem behandelnden HNO-Arzt entschieden werden. (siehe: "Wie kann ein Schwindeltraining helfen?")

 

Vestibulär evozierte myogene Potentiale VEMP

 

Vestibulär evozierte myogene Potentiale bedeuten wörtlich „durch das Vestibularorgan (das Gleichgewichtsorgan) ausgelöste elektrische Aktivität von Muskeln“. Akustische Reize führen zu einer reflektorischen Antwort des Vestibularorgans, die durch die Ableitung der elektrischen Aktivität von Muskeln gemessen werden kann.

Für die Messung werden Elektroden am Musculus sternocleidomastoides, dem Kopfwendemuskel (seitliche Halspartie), oder den äußeren Augenmuskeln angebracht und deren Reaktion auf eine Reizung des Vestibularorgans durch Laute wie ein Klicken mit unterschiedlicher Tonhöhe und Lautstärke elektronisch aufgezeichnet und ausgewertet.

Die Auswertung ermöglicht eine Aussage zur Funktion des Sacculus oder Säckchens, einem Teil des Vestibularorgans, und die Bestimmung des Ausmaßes einer Entzündung des Gleichgewichtsnervs.

Die Messung der vestibulär evozierten myogenen Potentiale gehört mit der Elektronystagmographie und dem Kopf-Impuls-Test zu den Untersuchungsmethoden, die eine genaue Bestimmung der Ursache eines Schwindels und damit eine gezielte Planung der Therapie ermöglichen.

 

Elektronystagmographie ENG

 

Bei der Elektronystagmographie wird der Nystagmus, die Bewegungsreflexe der Augen, gemessen. Das Gleichgewicht und das Sehen bedingen sich gegenseitig in einem komplexen Zusammenspiel. Einerseits ist das Sehen ein wichtiger Bestandteil des Gleichgewichtssinns, andererseits sind Informationen zur räumlichen Bewegung des Kopfes nötig, um die Augenbewegungen zu koordinieren. Nur wenn der Blick korrekt nachgeführt wird, ist die Erzeugung eines stabilen Bildes möglich.

Mit Hilfe von Elektroden werden die schnellen und langsamen willkürlichen und unwillkürlichen Augenbewegungen erfasst, die beim Verfolgen von sich bewegenden Objekten oder bei Reizung des Gleichgewichtsorgans (Vestibularorgan) entstehen. Eine Voraussetzung für den Test ist daher ein ausreichendes Sehvermögen und die korrekte Funktion der Augenmuskeln und der sie steuernden Nerven.

Eine vollständige ENG-Untersuchung umfasst drei Einzeluntersuchungen:

  • Eine Prüfung der Augenbewegungen, wenn der Patient mit den Augen sich bewegende Objekte verfolgt
  • Eine Prüfung der Reaktion auf eine bestimmte Lage oder Lageänderung
  • Eine Prüfung der Reaktion auf eine kalorische Reizung. Dabei werden die Gehörgänge einzeln mit warmem und kaltem Wasser (oder Luft) gespült, um das jeweilige Vestibularorgan zu reizen

Durch einen Vergleich der Einzeluntersuchungen kann darauf geschlossen werden, welche Komponente/n an der Störung des Gleichgewichtssinns beteiligt ist/sind und welche Seite bei einer Störung des Vestibularorgans betroffen ist.

Während der Untersuchung treten manchmal Schwindel oder Übelkeit auf, die jedoch nach kurzer Zeit wieder verschwinden.

Die Elektronystagmographie gehört mit der Messung der vestibulär evozierten myogenen Potentiale und dem Kopf-Impuls-Test zu den Untersuchungsmethoden, die eine genaue Bestimmung der Ursache eines Schwindels und damit eine gezielte Planung der Therapie ermöglichen.

 

Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel BPLS

 

Der „gutartige, anfallsartig auftretende Lagerungsschwindel“ ist eine sehr häufige Form des Schwindels, die zwar harmlos, aber sehr unangenehm ist. Er tritt vor allem bei einer Lageveränderung des Kopfes auf und hält meist nicht länger als 30 Sekunden an. Neben dem Drehschwindel treten häufig Schweißausbrüche, Übelkeit und Angstgefühle auf.

Die vermutliche Ursache ist die Ablösung von Otolithen, Körnchen aus Kalk, aus den beiden sackartigen Strukturen Utriculus und Sacculus im Innenohr. Normalerweise liegen sie dort in einem Gel und verursachen durch ihre träge Masse bei Lageänderungen eine Reizung der dortigen Sinneszellen. Dadurch wir das Erkennen einer Beschleunigung und damit einer Lageänderung möglich. Ihre Ablösung kann eine Folge von Verletzungen oder Entzündungen oder auch des normalen Alterungsprozesses sein.

Die abgelösten Otolithen können in die Bogengänge wandern, in denen normalerweise durch die Bewegung von Flüssigkeit, der Endolymphe, Sinneszellen gereizt werden, um Drehbewegungen des Kopfes zu erfassen. Dort führen sie bei einer Lageänderung, unabhängig von der Bewegung der Endolymphe, durch ihr Gewicht zur Reizung von Sinneszellen. Dadurch werden dem Gehirn vom Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) widersprüchliche Signale übermittelt, die auch nicht mit den durch das Sehen und die Lagesensoren von Muskeln und Gelenken erhaltenen Informationen übereinstimmen. Dieser sogenannte Mismatch verursacht das Schwindelgefühl.

Die Diagnose kann mit einer bestimmten Lagerung mit Kopfdrehung, der Dix-Hallpike-Lagerungsprobe, unter gleichzeitiger Verwendung einer Frenzel-Brille zur Feststellung des Nystagmus, der unwillkürlichen Augenbewegungen, sehr sicher gestellt werden.

Zur Therapie wird eine bestimmte Folge von Körper- und Kopflagerungsübungen wie das Epley-Manöver eingesetzt, mit der die Otolithen wieder aus den Bogengängen entfernt werden sollen. Bei dieser Behandlung wird meist die unangenehme Schwindelsymptomatik provoziert, bei korrekter Ausführung stellt sich aber sehr schnell ein Erfolg ein – ein Teil der Patienten ist sogar schon nach der ersten Anwendung beschwerdefrei. Bei Bedarf, auch bei den nicht seltenen Rückfällen, kann das Manöver jederzeit wiederholt werden, wobei eine gesicherte Diagnose durch einen Facharzt für HNO die Voraussetzung für eine Anwendung ist.